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Zustellung einer Klage in deutscher Sprache an Facebook zulässig

AG Berlin-Mitte, Urteil vom 08.03.2017, Az. 15 C 364/16


Zustellung einer Klage in deutscher Sprache an Facebook zulässig

Facebook darf trotz seines Sitzes in Irland die Annahme einer deutschsprachigen Klageschrift nicht verweigern. Dies hat das Amtsgericht Berlin-Mitte mit Urteil vom 8. März 2017 (Az. 15 C 364/16) entschieden. Ausschlaggebend ist neben dem Umfang der Geschäftstätigkeit des Internetkonzerns in Deutschland, dass die Kommunikation mit deutschen Kunden auf Deutsch stattfindet. Außerdem hat das Unternehmen die Verwendung der deutschen Sprache in seinen Verträgen nicht explizit ausgeschlossen.
 
Der Sachverhalt
Facebook sperrte dem Kläger den Zugang zu seinem Account. Einer per E-Mail übermittelten Aufforderung, das Nutzerkonto wieder freizuschalten, kam die Social-Media-Plattform nicht nach. Das Unternehmen behauptete in einer Antwortmail, der Kläger sei nicht zur Nutzung seines Zugangs berechtigt. Eine nähere Begründung verweigerte Facebook unter Hinweis auf Sicherheitsgründe. Auch durch das Einschalten eines Rechtsanwalts konnte der Kläger den Internetgiganten nicht zu einem Meinungsumschwung bewegen.
 
Er beschritt daher den Rechtsweg und beantragte dem Amtsgericht Berlin-Mitte, das Unternehmen zur Freischaltung seines Accounts und zur Begleichung der vorgerichtlichen Anwaltskosten von knapp 400 Euro zu verurteilen. Die Klageschrift, die er der Facebook Ireland Ltd. an deren Sitz in Dublin zustellte, war auf Deutsch abgefasst. Auf eine kostspielige Übersetzung ins Englische hatte der Kläger verzichtet.
 
Facebook stellte sich auf den Standpunkt, die Klageschrift sei nicht wirksam zugestellt worden. Das Unternehmen verstehe kein Deutsch. In der Folge verzichtete Facebook trotz wiederholter Aufforderung durch das Gericht auf eine Einlassung zur Sache.
 
Aus den Gründen
Das Amtsgericht Berlin-Mitte erachtete die Klage als zulässig. Es bejaht die Wirksamkeit der Klagezustellung. Zwar dürfe der Beklagte die Annahme der Klageschrift verweigern, wenn sie in einer Sprache abgefasst sei, die er nicht verstehe oder die am Zustellungsort keine Amtssprache sei. Das ergebe sich aus der EU-Zustellungsverordnung (Verordnung (EG) Nr. 1393/2007). Deutsch sei keine Amtssprache in Irland. Allerdings sei Facebook Ireland in der Lage, Deutsch zu verstehen.
 
Nach Auffassung des Amtsgerichts ist für die Bestimmung der Sprachkenntnisse eines Unternehmens nicht auf die Fähigkeiten der Geschäftsleitungsmitglieder abzustellen. Vielmehr komme es auf den Umfang der Geschäftstätigkeit in einem bestimmten Land an und darauf, welche Sprache es im Geschäftsverkehr verwende.
 
Facebook hat in Deutschland nach eigenen Angaben mehr als 20 Millionen Nutzer. Daraus schließt das Gericht, dass Facebook Ireland rechtlich geschulte Mitarbeiter beschäftigen muss, die der deutschen Sprache mächtig sind. Anders sei die Geschäftstätigkeit in einem solchen Ausmaß nicht zu bewerkstelligen. Zudem erfolge die Kommunikation mit deutschen Kunden auf Deutsch. Die Vertragsdokumente seien auf Deutsch abgefasst. Ebenso sei die Oberfläche des Internetauftritts unter www.facebook.de und de-de.facebook.com deutschsprachig. Davon abgesehen habe Facebook die Verwendung des Deutschen in seinen Verträgen nicht ausgeschlossen. Ein Verzicht auf die Kommunikation in deutscher Sprache sei nach Art. 246c Nr. 4 EGBGB aber nur durch eine explizite Regelung im Vertrag möglich.
 
Auch inhaltlich gibt das Amtsgericht Berlin-Mitte dem Kläger Recht. Die Gewährung des Zugangs zum Nutzeraccount sei die vertragliche Hauptleistungspflicht von Facebook. Das Unternehmen habe nichts vorgetragen, was auf eine berechtigte Geltendmachung des Zurückbehaltungs- oder Kündigungsrechts hindeute. Der Kläger habe deshalb einen Anspruch auf Vertragserfüllung und auf Freistellung von den vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten.
 
AG Berlin-Mitte, Urteil vom 08.03.2017, Az. 15 C 364/16


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