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Gegendarstellungsanspruch bei Tatsachenbehauptung

OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.01.2015, Az. 4 U 81/14


Gegendarstellungsanspruch bei Tatsachenbehauptung

Das Oberlandesgericht (OLG) in Zweibrücken hat mit seinem Urteil vom 29.01.2015 unter dem Az. 4 U 81/14 entschieden, dass es eine verdeckte Tatsachenbehauptung darstellt, wenn eine Zeitung eine Titelseite mit den Worten “G.J.: Sterbedrama um seinen besten Freund. Hätte er ihn damals retten können?” versieht. Dies sei keine echte Frage, die im presserechtlichen Sinn privilegiert sei, wenn sich nur im inneren Teil der Zeitung ein klarstellender Text befinde, aus dem sich ergebe, dass an der Frage „nichts dran” sei.

Damit hat das OLG der Berufung des Klägers stattgegeben.
Nachdem der Kläger das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt hat, besteht zwischen den Parteien noch darüber Streit, ob das mit gerichtlicher Verfügung durchgesetzte Begehr auf Veröffentlichung einer Gegendarstellung begründet war.
Der Kläger ist ein bekannter Fernsehmoderator. Er hatte gegen die Beklagte, eine Verlegerin einer Wochenzeitschrift „W.” geklagt. In einer Ausgabe von "W." hat sie auf der Titelseite ein Foto des Klägers veröffentlicht. Daneben steht der Name des Klägers und die Zeilen „Sterbedrama um seinen besten Freund” sowie „Hätte er ihn damals retten können?”. Der dazugehörige Artikel im Inneren der Zeitschrift nimmt die Meldung der Titelseite auf und befasst sich mit dem Tod eines Schulfreundes des Klägers, der im Alter von 26 Jahren im Jahre 1982 verstarb. Weiter heißt es, der Verstorbene habe zunächst an einer verschleppten Angina gelitten und in der Folge einen Herzklappenfehler erlitten. Die Herzklappe sei streptokokkeninfiziert gewesen und der Schulfreund habe die verordnete Bettruhe in leichtsinniger Weise nicht eingehalten und sei an einem tödlichen Herzinfarkt schließlich verstorben.
Der Kläger erwirkte gegen die Verlegerin vor dem LG Hamburg eine einstweilige Verfügung, die es der Beklagten verboten hat, erneut diese streitbefangene Meldung zu verbreiten. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG hat das OLG Hamburg zurückgewiesen.

Die Aufforderung des Klägers, die Beklagte solle eine Gegendarstellung abdrucken, lehnte die Beklagte per Anwaltsschreiben ab.
Das daraufhin angerufene Landgericht Frankenthal in der Pfalz hat der Beklagten per einstweiliger Verfügung den Abdruck der Gegendarstellung auferlegt. In dieser Gegendarstellung stellt der Kläger klar, dass er keinen Einfluss auf die Krankheit seines Freundes hatte.

Nach zwei erfolglosen Eilrechtsschutzanträgen beim Bundesverfassungsgericht druckte die Beklagte die Gegendarstellung ab und fügte hinzu, der Kläger habe Recht.

Auf die Verfassungsbeschwerde der Beklagten hin hat das Bundesverfassungsgericht die Entscheidungen der Zivilgerichte aufgehoben und das Verfahren an das LG Frankenthal zurückverwiesen. Der BVerfG hat seine Ansicht, das Grundrecht der Pressefreiheit der Beklagten sei verletzt worden, damit begründet, dass die Fachgerichte sich nicht ausreichend mit der Einordnung der Titelfrage „Hätte er ihn retten können?” beschäftigt hätten. Es sei nicht klar, ob die Frage eine Tatsachenbehauptung oder ein Werturteil zum Inhalt habe. Ein Anspruch auf Gegendarstellung könne nur dann begründet sein, wenn die Frage nicht nur ein "Aufmacher" habe sein sollen, sondern eine Tatsachenbehauptung.

In dem fortgesetzten Verfahren hat der Kläger die Hauptsache für erledigt erklärt. Er stellte Kostenantrag gegen die Beklagte. Diese hat der Erledigungserklärung widersprochen. Sie möchte festgestellt wissen, dass der Anspruch auf Gegendarstellung unbegründet war. Die Hauptsache sei auch nicht erledigt, weil die Gegendarstellung nur zwangsweise veröffentlicht wurde.
Hiergegen richtet sich der Kläger mit seiner Berufung und begehrt Feststellung, dass die Gegendarstellung berechtigt war.
Die Berufung hat auch Erfolg. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts habe keine Bindungswirkung für die neu zu treffende Entscheidung über den Anspruch auf Gegendarstellung, da die Verfassungsrichter nicht festgelegt hätten, ob die Mitteilung auf der Titelseite als Tatsachenbehauptung einzustufen ist.
Nach Ansicht des OLG Zweibrücken beinhaltet die Titelseitenmeldung eine Tatsachenbehauptung. Es sei nicht überzeugend, wenn die Beklagte meint, es sei nur eine Frage aufgeworfen worden.

OLG Zweibrücken, Urteil vom 29.01.2015, Az. 4 U 81/14


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