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Berichterstattungen während eines laufenden Strafverfahrens


Berichterstattungen während eines laufenden Strafverfahrens

Der Fall des bekannten Fernsehmoderators, der wegen einer schweren Vergewaltigung angeklagt und in diesem Fall auch in Untersuchungshaft war, ging durch alle Medien. Seit dem März 2010, in dem die Verhaftung erfolgte, fanden sich in Funk und Fernsehen, Zeitungen und Online-Medien immer wieder Berichte über das Vorleben des Mannes, dessen Privatleben vor dem Strafverfahren kaum bekannt war. Aber gerade dieses gelangte durch die Berichterstattung mehr und mehr ins Interesse der Öffentlichkeit. Inzwischen wurde der Angeklagte freigesprochen, das Urteil ist rechtskräftig.

Der damalige Angeklagte hatte ein Presseorgan in einem Zivilrechtsstreit auf Unterlassung verklagt. Noch bevor das Hauptverfahren damals eröffnet wurde, hatte die Beklagte auf einer Internetseite einen Artikel veröffentlicht, der sich mit angeblich "intimen Details" und neuen "Indizien aus der Tatnacht" beschäftigte. Der Text verwendete Passagen aus einer richterlichen Vernehmung, noch bevor das entsprechende Protokoll in der Hauptverhandlung zur Verlesung gekommen war.

Das Landgericht Köln hatte im Juli 2011 der Klage stattgegeben und die Beklagte verurteilt, beanstandete Äußerungen zu unterlassen, die geeignet waren, Rückschlüsse auf etwaige Sexualneigungen des Klägers zuzulassen. Die Berufung der Beklagten wurde später vom Oberlandesgericht Köln zurückgewiesen.

Der BGH gab jetzt der Beklagten in der Revision Recht und verneinte einen Unterlassungsanspruch. Das höchste deutsche Gericht zog zunächst das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 und die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention für die Begründung des Urteils heran: Die Berichterstattung der Medien habe durchaus eine Stigmatisierung bewirkt und damit das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Die Veröffentlichung der beanstandeten Berichte sei daher rechtswidrig gewesen. Allerdings sei durch den Zeitablauf eine andere Situation eingetreten.

Der BGH lehnte deshalb letztlich den Unterlassungsanspruch des Klägers ab. Denn nachdem das Protokoll über die Vernehmung des Beschuldigten vor dem Haftrichter in der Hauptverhandlung verlesen wurde, sei eine aktuelle Berichterstattung zulässig gewesen - auch mit Einbeziehung der beanstandeten Äußerungen. Die für einen solchen Anspruch auf Unterlassung erforderliche Wiederholungsgefahr sah das Gericht nicht - weder aufgrund eines damaligen als auch aufgrund eines neu entstandenen Anspruchs. Es seien auch keine Umstände ersichtlich, warum der damalige Angeklagte jetzt eine erneute Berichterstattung zu befürchten habe.

In drei weiteren Verfahren gab der BGH jedoch dem Kläger Recht: Hier ging es um die Berichterstattung über angebliche Vorfälle aus dem Jahr 2001, die durch Aussagen einer früheren Freundin kurz nach Inhaftierung des Fernsehmoderators bekannt wurden. Hierüber hätte wegen eines fehlenden Mindestbestands an Beweisen überhaupt nicht berichtet werden dürfen.

BGH, Urteil vom 19.03.2013, Az. VI ZR 93/12


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