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Benotungen eines Arztes

Benotungen eines Arztes unterfallen der Meinungsäußerungsfreiheit


Benotungen eines Arztes

Das Landgericht Kiel hält die schulnotenmäßige Internet-Bewertung eines Arztes durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt.

Der Betreiber eines Internetportals hatte Nutzern die Möglichkeit gegeben, ihre Erfahrungen als Patienten mit Ärzten in Form einer nach Schulnoten gestaffelten Bewertung sowie mit einem Bewertungstext ins Netz zu stellen. Die auf der Homepage angemeldeten Nutzer mussten versichern, dass sie tatsächlich von dem jeweils bewerteten Mediziner behandelt worden waren. 

Die in Schulnoten zu erfolgende Bewertung unterschied zwischen Kategorien wie „Aufklärung“, „Behandlung“, „Freundlichkeit“, „Telefonische Erreichbarkeit“ und “Praxisausstattung“.

Im strittigen Fall hatte ein Nutzer des Portals einem namentlich genannten Arzt mangelhafte Noten in mehreren Kategorien gegeben. Der betroffene Arzt wollte diese Art der Benotung nicht akzeptieren und verlangte vom Betreiber des Internet-Portals die Löschung dieser Daten. Dieses sich vor allem auf § 35 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz) stützende Unterlassungsbegehren verknüpfte der Kläger mit der Behauptung, die veröffentlichte Bewertung sei überhaupt nicht von einem seiner Patienten abgegeben worden. Das angerufene Kieler Landgericht hatte sich in Folge mit der Frage zu beschäftigen, ob die Ärzte-Bewertung gemäß § 35 BDSG unzulässig oder ob durch das verfassungsmäßige Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 GG) gedeckt sei. 

Bei der Prüfung, ob ein schutzwürdiges Interesse des Klägers auf Datenlöschung vorliegt, hatte das Gericht vor allem zwischen dem Recht des Arztes auf sein sich vom allgemeinen, grundgesetzlich geschützten, Persönlichkeitsrecht ableitenden informationellen Selbstbestimmungsrecht (Art. 2 GG) und dem Grundrecht der Meinungs- und Kommunikationsfreiheit (Art. 5 GG) abzuwägen. 

Die Kieler Richter erkannten kein schutzwürdiges Interesse des Arztes an Datenlöschung. Im Urteil wurde festgestellt, dass es sich bei der Bewertung um eine von Art. 5 GG gedeckte Meinungsäußerung gehandelt habe, die die Grenze zur unzulässigen Schmähkritik nicht überschritten habe. Bei der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, dass die Notenbewertungen zwar Tatsachenelemente beinhalten, im Ergebnis aber als geschützte Meinungsäußerungen und nicht als grundrechtlich anders zu betrachtende Tatsachenbehauptungen zu bewerten seien. Dabei stellte das Gericht auf das wesentliche 

Merkmal einer Meinungsäußerung ab, nämlich ihre subjektive Beziehung zwischen dem Meinungsäußernden und der Realität. Dieses Merkmal unterscheidet die Meinung von der objektiv nachprüfbaren Tatschenbehauptung. Als Beispiel wird die Benotung des Portalnutzers in der Kategorie „Telefonische Erreichbarkeit“ angeführt. Der Nutzer behauptete nicht etwa konkret eine bestimmte und damit zumindest theoretisch objektiv nachprüfbare - Anzahl von erfolglosen Anrufsversuchen in der Praxis, sondern bewertete lediglich sein subjektives Zufriedenheitsgefühl mit „Mangelhaft“. Dieses Werturteil ist durch das Recht auf Meinungsfreiheit abgedeckt. 

Auch der Einwand des Klägers, der Nutzer sei überhaupt kein Patient von ihm gewesen, änderte im Ergebnis nichts an dieser Auffassung. Der nicht ausgeschlossene Missbrauch des Portals durch Nichtpatienten muss nach Ansicht des Gerichts hingenommen werden, um den Schutz der Meinungsfreiheit zu gewährleisten. Dabei stellte das Gericht auf die Rechtsprechung ab, nach der auch anonyme Einträge zulässig seien. Entsprechend können betroffene Ärzte vom Portalbetreibern nicht verlangen, dass die bei ihnen angemeldeten Nutzer – wie vom Kläger vorgebracht - durch Beibringen von Unterlagen beweisen müssen, tatsächlich Patienten des bewerteten Arztes zu sein. 

Das Gericht sah die Interessen des klagenden Arztes durch den gegebenen Schutz vor Schmähungen und unzutreffender Tatsachenbehauptung als ausreichend an. 

LG Kiel, Urteil v. 6. 12. 2013, Az. 5 O 372/13


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