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Kein Whirlpool für 1 Euro

LG Köln, Urteil vom 30.11.2010, Az. 18 O 150/10


Kein Whirlpool für 1 Euro

Ein Anspruch auf Erfüllung eines abgeschlossenen Kaufvertrages kann ausgeschlossen sein, wenn der Käufer unmittelbar nach Abschluss des Kaufvertrages den selbigen anficht, weil die Abgabe des Angebots ein bloßes Versehen war. Dies hat das LG Köln in einem viel beachteten Fall entschieden, bei dem es um eine eBay-Auktion ging (LG Köln, Urteil vom 30.11.2010, Az. 18 O 150/10). Der Verkäufer hatte versehentlich einen Whirlpool mit einer „Sofort-Kauf-Option“ von 1 € eingestellt.

Relevante Normen: §§ 433, 119 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Sachverhalt
Der Beklagte hatte im Jahr 2010 einen Whirlpool, der für mehrere Personen ausgelegt und recht hochwertig ausgestattet war, verkaufen wollen. Hierzu stellte er ein entsprechendes Angebot auf eBay ein. Zunächst unbemerkt wählte der Beklagte allerdings die „Sofort-Kaufen-Option“ aus. Als Betrag wurde 1 € angegeben. Der Kläger stoß auf das Angebot des Beklagten und klickte auf „kaufen“. Auf diese Weise ersteigerte er den hochwertigen Whirlpool zum Preis von nur 1 €.

Kurze Zeit nachdem der Kaufvertrag abgeschlossen wurde wandte sich der Beklagte an den Kläger mit einer E-Mail. Er machte deutlich, dass er sich beim Einstellen des Angebots geirrt hatte. Er habe versehentlich die „Sofort-Kaufen-Option“ ausgewählt anstatt der Startpreisfunktion. Aufgrund dieses Versehens sei es dem Kläger nur möglich gewesen, den Whirlpool zu ersteigern. Der Betrag von 1 € war – so ging aus der E-Mail hervor – als Startgebot einer Auktion gedacht. Deshalb habe der Kläger den Whirlpool nicht erworben.

Diese Auffassung teilte der Kläger allerdings nicht. Er war der Ansicht, der Verkäufer habe eine vertragliche Bindung begründet, die ihn jetzt zur Lieferung des Pools gegen Zahlung von 1 € verpflichtete. Eine Anfechtung sei nicht wirksam gewesen. Nachdem der Beklagte die Lieferung verweigerte, erhob der Käufer Klage vor dem örtlich und sachlich zuständigen Landgericht Köln.

Anfechtung führt zur Unwirksamkeit des Vertrages – Auszug aus den Gründen
Das Gericht schloss sich der Ansicht des Beklagten an und wies die Klage in vollem Umfang ab. Damit blieb der Kläger erfolglos. Ihm steht kein Anspruch auf Lieferung des Pools gegen Zahlung von 1 € zu.

Die Richterinnen und Richter des LG Köln begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Beklagte den mit dem Kläger abgeschlossenen Kaufvertrag mit seiner E-Mail wirksam angefochten habe. Der Beklagte habe darlegen können, dass er bei der Erstellung des Angebots auf eBay einem sogenannten Erklärungsirrtum unterlegen habe. Ein solcher liegt vor, wenn jemand eine Erklärung abgibt, die er in dieser Form gar nicht abgeben wollte. Der Erklärungsirrtum berechtigt nach § 119 Abs. 1 BGB zur Anfechtung des Vertrags, die sämtliche Leistungspflichten zum Erlöschen bringt.

Das Gericht glaubte dem Beklagten, einem Irrtum unterlegen zu haben, insbesondere, weil es sich um einen sehr hochwertigen Whirlpool handelte, der bei verständiger Würdigung einen wirtschaftlichen Wert von weitaus mehr als nur 1 € hatte. Nach Ansicht des Zivilsenats besteht zwar auch beim Einstellen der Option "Startpreis" die Gefahr, dass das Höchstgebot hinter dem tatsächlichen Verkehrswert zurückbleibt. Allerdings sei hier die Wahrscheinlichkeit, den Verkaufswert auf ein hinnehmbares Maß zu erhöhen, wesentlich höher.

Praxishinweis
Das Urteil des LG Köln überzeugt. Es dürfte bei objektiver Würdigung des Falles nicht schwer fallen zu erkennen, dass der Beklagte einem Irrtum unterlag. Der Wert des Pools konnte auf 8.000 € angesetzt werden. Für 1 € hätte ihn also niemand verkauft. Selbst wenn es vereinzelt verrückte Aktionen gibt, in deren Rahmen wertvolle Gegenstände für wenig Geld verkauft werden, so sind diese doch üblicherweise erkennbar. Jedenfalls meldet sich dann niemand unmittelbar nach dem Kauf, um diesen anzufechten. Hier wandte sich der Verkäufer jedoch ohne schuldhaftes zögern an den Käufer und machte die Sachlage klar, sodass von einer wirksamen Anfechtung ausgegangen werden muss. Alles andere würde auch zu einem faktischen Verbot des Irrtums führen, was in niemandes Sinne sein dürfte.

LG Köln, Urteil vom 30.11.2010, Az. 18 O 150/10


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