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Missbrauch des Dienst-PC für illegales Filesharing

BAG, Urteil vom 16. Juli 2015, Az. 2 AZR 85/15


Missbrauch des Dienst-PC für illegales Filesharing

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 16. Juli 2015 entschieden, dass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB darin liegen kann, dass der beschäftigte Arbeitnehmer während seiner Arbeitszeit die ihm zur Verfügung gestellten dienstlichen Ressourcen dazu nutzt, sich Ton- und Bildträger zu beschaffen. Anschließend hatte der Arbeitnehmer die Daten sowohl für sich selbst als auch für den Kollegenkreis auf CD- bzw. DVD-Rohlinge gespeichert. Dies gelte nach Auffassung des Senats unabhängig davon, ob die Dateien, die über den dienstlichen Computer heruntergeladen werden, tatsächlich gegen das Urheberrecht verstoßen oder nicht.

Der Kläger war seit dem Jahr 1992 als IT-Verantwortlicher bei einem Oberlandesgericht tätig. Sein Aufgabenkreis bestand unter anderem darin, das „ADV-Depot" zu verwalten. In diesem Zusammenhang musste er Zubehör, das für die Verarbeitung der Daten notwendig war, bestellen. Dies waren insbesondere DVDs, CDs sowie Datensicherungsbändern. Im März 2013 gab der Leiter der vom Gericht eingerichteten Wachtmeisterei zu, dass er den Farbdrucker seit geraumer Zeit für die Herstellung von so genannten Covern verwendet habe. Das Bekenntnis erfolgte im Rahmen eines Personalgesprächs. Daraufhin leitete das Oberlandesgericht eine gründliche Untersuchung ein. Bei dieser Maßnahme konnte festgestellt werden, dass der Kläger auf seinem dienstlich genutzten Computer über 6400 Video-, Audio- sowie Bilddateien und E-Books gespeichert hatte. Darüber hinaus hatte er eine Software auf der Festplatte installiert, die dafür eingesetzt wird, einen vorhandenen Kopierschutz, der von den Herstellern eingesetzt wird, zu umgehen. Während der Geschäftsprüfung konnte dahingehend festgestellt werden, dass der Kläger in einem Zeitraum bis März 2013 mehr als 1100 DVDs über seinen Rechner bearbeitet hat.

Ferner konnte ermittelt werden, dass in dem identischen Zeitraum in etwa die gleiche Anzahl von DVD Rohlingen durch das Gericht gekauft sowie geliefert worden sind. Bei einer intensiveren Untersuchung sowie der Auswertung der genutzten Festplatten durch den Kläger konnte ebenfalls ermittelt werden, dass weitere Dateien abgespeichert wurden. In seiner Befragung ließ sich der Kläger dahingehend ein, dass er alleine für die vorgefundenen Dateien verantwortlich sei. Er sagte jedoch aus, dass er auch für Kollegen Material beschafft habe. Wenige Tage nach seiner Befragung revidierte er die von ihm getätigten Äußerungen ausdrücklich. Am 18. April 2013 kündigte das Land, mithin die Beklagte, dass Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Mit Schriftsatz vom 13.5.2013 wurde die Kündigung ebenfalls hilfsweise ordentlich erklärt.

Während des Verfahrens wurde der Kündigungsschutzklage, die der Kläger gegen die Kündigungen der Beklagten eingelegt hat, stattgegeben. Das LAG hat seine Entscheidung damit begründet, dass die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen bereits aus dem Grund unwirksam sein, weil nicht abschließend geklärt worden ist, welchen Beitrag zur Tat von dem Kläger tatsächlich begangen worden ist. Darüber hinaus habe es die Beklagte unterlassen, die Strafverfolgungsbehörden mit dem Sachverhalt zu kontaktieren. Dies zeige, dass die Rechte des Klägers möglicherweise nicht beachtet worden sind, weil bei den Ermittlungen auch entlastende Umstände nicht ausgeschlossen werden können. Außerdem sei weder der Personalrat von der Maßnahme unterrichtet worden noch sei eine vergleichbare Maßnahme bei anderen Beteiligten ergriffen worden.

Gegen die Entscheidung der Vorinstanz legte die Beklagte Revision ein, die im Ergebnis erfolgreich war. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist die fristlose Kündigung auch dann begründet, insoweit der Kläger die vorgeworfenen Handlungen nicht ausschließlich selbst begangen hat. Voraussetzung sei dann, dass er mit anderen Mitarbeitern zusammengewirkt oder sich ihrer jedenfalls für die Herstellung der Raubkopien bedient hat. Der Kläger habe vorliegend auch nicht damit rechnen dürfen, dass ihm die Brenn- und Kopiervorgänge deswegen gestartet waren, weil er seinen Computer auch für private Anlässe nutzen durfte.

Entgegen der Meinung des LAG sei die Beklagte auch nicht dazu verpflichtet gewesen, die Strafverfolgungsbehörden einzuschalten. Der Senat kommt zu dem Entschluss, dass es der Beklagten unbenommen sein müsste, auch eigene Ermittlungen durchzuführen, insoweit die Maßnahmen unverzüglich durchgeführt werden. Da der Gleichbehandlungsgrundsatz bei einer verhaltensbedingten Kündigung keine Anwendung findet, habe die Beklagte auch gegenüber anderen Mitarbeitern keine vergleichbaren Maßnahmen ergreifen müssen. Zuletzt sei auch der Personalrat ordnungsgemäß angehört worden, so dass das BAG das Urteil des LAG im Ergebnis aufgehoben hat.

BAG, Urteil vom 16. Juli 2015, Az. 2 AZR 85/15


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